Aus Ottersbergs Vergangenheit

Ottersberg blickt auf eine lange Geschichte zurück. Eine altsächsische Wallburg war Vorgängerin der Burg in Ottersberg, dem heutigen Amtshof, in dem die Freie Rudolf-Steiner-Schule untergebracht ist. Das Hauptgebäude (16. Jahrhundert) sowie Reste vom Wall- und Burggraben sind noch erhalten. Die Renaissance-Portale tragen die Jahreszahl 1619. Die Wallburg - auf einer flachen Düne zwischen den Flussarmen der Wümme gelegen - war mit großer Wahrscheinlichkeit der Ursprung von Ottersberg.

Um 1180 hieß die Burg »Boberg« und war als Streitobjekt zwischen weltlicher und kirchlicher Macht ständig Spielball wechselnder Interessen zwischen Erzbischof Gerhard II. von Bremen und Bischof Yso von Verden. Vielfach heftig umkämpft und oft den Besitzer wechselnd, wurde die Burg 1235 zerstört und 1305 wieder aufgebaut. Sie bildete mit Thedinghausen und Langwedel ein starkes Festungsdreieck gegen Braunschweig/Lüneburg. Der Bischof von Münster, Graf von Galen, nahm am 3. Oktober 1675 die Festung Ottersberg ein und befahl den Abbruch des damals unmittelbar an der Burg auf den Wümmeinseln gelegenen Fleckens Ottersberg, um die Festungsanlagen zu verstärken. 1677 wurde der Flecken an den heutigen Ort verlegt.

Aus der Geschichte des Fleckens Ottersberg

von Friedrich Kahrs, Ottersberg

Folgt man den Ausführungen von Pastor Enno Heyken, Schneverdingen, so sind Burg und Siedlung Ottersberg 1190-1195 gegründet worden. Diese Darlegungen von Pastor Heyken stützen sich auf Akten eines kirchlichen Musterprozesses aus dem Jahre 1226. Andere Quellen besagen jedoch, dass die Burg Ottersberg schon zur Zeit Karls des Großen (768-814) und Ottos des Großen (936-973) erwähnt wird.

Die sogenannte »Grafschaft Ottersberg« lag im Herrschaftsbereich des mittelalterlichen Erzstiftes Bremen, und das Gebiet nördlich der Wümme wird noch um 1500 so bezeichnet. Aber schon 1560 gibt es die Bezeichnung »Gericht Ottersberg«. Erst seit der schwedischen Verwaltung der damaligen Herzogtümer Bremen und Verden (nach 1648) taucht die Bezeichnung »Amt Ottersberg« auf, das zusammen mit dem Amtsgericht Ottersberg im Jahre 1859 aufgehoben wurde.

Zur Grafschaft bzw. zum Amt Ottersberg gehörten 1570 die Kirchspiele Sottrum, Otterstedt, Wilstedt und Kirchtimke, die Dörfer Worpswede, Waakhausen, Glinstedt, Karlshöfen, Westerholz und Emmen.

Die Grafschaft bzw. das Amt erstreckte sich somit bis in die späteren Landkreise Bremervörde, Osterholz-Scharmbeck und Rotenburg. Heute zeugt nur noch das alte Schloss in Ottersberg von der Grafschaft und dem Amt Ottersberg als deren ehemaligem Amtssitz.

Im Jahre 1585 wurde durch eine völlige Renovierung von dem Bremer Erzbischof das Schloss vor dem Verfall gerettet.

In den Renaissanceportalen finden wir die Jahreszahl 1619. Die Schlossanlage wurde während des Reichskrieges (1675-1650), als der Feldherr Graf Bernhard von Galen im Kampf gegen die Schweden Teile des Herzogtums Bremen und das Herzogtum Verden besetzt hatte, zur Festung ausgebaut.

Im Jahre 1883 erwarb die Familie Clüver das Schloss vom Staat. In seinen Räumen befindet sich seit 1946 die Freie-Rudolf-Steiner-Schule, die das Gebäude und Ländereien im Jahre 1962 käuflich erworben hat.

Schließlich sei noch erwähnt, dass der Bauherr wohl kein anderer als Erzbischof Hartwich II. von Bremen gewesen sein kann und dass - angeblich - der spätere Kaiser Heinrich IV. vom Erzbischof Adalbert von Bremen (1043-1076) hier erzogen worden ist.

Wie auch heute die Menschheit noch unter Kriegen zu leiden hat, so musste auch die Ottersberger Bevölkerung in vielen Jahren kriegerischer Verwicklungen ihren Tribut leisten.

Die vorerwähnte Burg hatte eine wechselvolle Geschichte. Sie lag in unmittelbarer Nähe von Bremen. Bremen konnte von hier beschützt und angegriffen werden; aus diesem Grund auch der jahrhundertelange Kampf um diese Festung.

Die Burg wechselte im Dreißigjährigen Krieg mehrfach ihre Besitzer. Da die Heere nur aus Söldnern bestanden, waren für Ottersberg und für die nähere Umgebung katholische, evangelische, dänische oder schwedische Truppen gleich gefährlich. Die Bevölkerung war den wilden Horden und Haufen wehrlos ausgesetzt.

Nach dem Dreißigjährigen Krieg gehörten die Herzogtümer Bremen-Verden zu Schweden. Nachdem am 18. Juni 1675 Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst die Schweden überraschend bei Fehrbelling geschlagen hatte, sollten die Schweden auch aus den Herzogtümern Bremen-Verden vertrieben werden. So eroberte der Bischof von Münster, Bernhard von Galen, mit kurbrandenburgischen Truppen die Festung. Die schwedische Besatzung, die aus 140 Soldaten bestand, wurde gefangengenommen.

Für die Bevölkerung von Ottersberg folgten nun 5 Jahre münsterianischer Besatzung. Diese stand den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges in keiner Weise nach. Die Einwohner mussten 50.000 Taler an Einquartierungskosten aufbringen, das Achtfache der Schwedenzeit.

Kaum hat eine Ottersberger Bevölkerung so leiden müssen, wie unter dem Bischof Bernhard von Galen. Das Elend im Amt Ottersberg war nicht zu beschreiben. Die letzten Kornvorräte, das letzte Pferd, die letzte Kuh: Alles musste abgegeben werden. Hinzu kam noch eine mehrjährige Missernte. Um die Bevölkerung kümmerte sich niemand, der Bischof am allerwenigsten. Für ihn ging es nur um Macht und nochmals Macht. Die Festung Ottersberg musste noch stärker werden.

Da gute Beobachtungsmöglichkeiten und gutes Schussfeld nicht gegeben waren, solange die 160 Ottersberger zwischen den Wümmewiesen vor den Gräben der Burg ihre Wohnplätze hatten, gab der unmenschliche Fürstbischof im April 1676 den Befehl, das Dorf zu räumen.

Die im Vorfeld der Festung auf den Wümmeinseln gelegenen Höfe und Häuser mussten kurzfristig abgerissen werden. Jenseits der Wümme, am heutigen Platz des Ortes, konnten die armen, bedauernswerten Menschen ihre Fachwerkhäuser wieder errichten. Wahrscheinlich erfolgten die ersten Ansiedlungen im heutigen »Pottmoor«.
 
Mehrfach wurde das Schloss zerstört, so auch im Jahre 1722. Die Franzosen haben es 1757 neu herstellen lassen. Sie sind es auch gewesen, die die Schanze angelegt haben und den noch vorhandenen Festungsgraben aushoben. Jedoch konnten die Franzosen das Schloss trotz der schweren Befestigungen nicht halten. Ende des Jahres 1758 wurde es vom Herzog von Braunschweig erobert. Er ließ die gröbsten Befestigungen schleifen, Wall und Graben aber blieben erhalten.

Dieses waren die letzten kriegerischen Handlungen, die um das Schloss Ottersberg durch Jahrhunderte getobt haben. 

Aus Braunschweiger Besitz kam es dann zu Hannover, wo es bis 1866 verblieb. Hannover richtete bei der Übernahme ein Amt und das Amtsgericht ein. 


Amtshof

Viele Veränderungen wurden vorgenommen und dabei leider die Zugbrücke entfernt. So erhielt diese vielumstrittene Stätte den Namen "Amtshof", der ja bekanntlich auch heute noch geführt wird. Auch unter französischer Besetzung hatte die Bevölkerung zu leiden. Eine schwere Schlacht tobte am 22. April 1813 im Nachbarort Hassendorf. Dort wurden die Franzosen zum Stehen gebracht und vernichtend geschlagen. Sie flohen in Richtung Ottersberg. Wegen der hereinbrechenden Dunkelheit musste die Verfolgung bei Stuckenborstel unterbrochen werden.

Auch als die Riesenmacht Frankreich vom 14. Oktober bis 18. Oktober 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig vernichtet wurde, war Ottersberg noch längere Zeit von feindlichen Horden besetzt, denn in Hamburg hauste noch bis zum 31. Mai 1814 der Marschall Davoust. Der Schreckensherrschaft wurde dann jedoch auch um diese Zeit ein glückliches Ende bereitet.

Von dieser Armee zogen noch etwa 10.000 Mann, die freien Abzug erhalten hatten, auf ihrem Marsch nach Frankreich durch Ottersberg, und es waren die letzten französischen Soldaten, die Ottersberg und seine Umgebung sahen. Bei der Bevölkerung blieb die Erinnerung an die Französische Zeit mit ihren furchtbaren Drangsalen noch lange lebendig.

Quelle: Flecken Ottersberg ... eine Gemeinde Stellt sich vor
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